Gino Miodragovic
mit dem Rezept «Moderner Hafechabis»
Die Erinnerung wird sofort wach, als Gino Miodragovic sich ins Auto setzt und Richtung Gotthard losfährt: Er als kleiner Bub auf dem Beifahrersitz, sein Vater am Steuer, vor ihnen die alte Tremola. In engen Serpentinen führt die historische Passstrasse steil hinauf zum Gotthardpass, wo dann, beim Hospiz oben, die weite Aussicht auf die beiden wartete. «Ich weiss noch, wie frei sich das angefühlt hat.»
Der moderne Kreateur
So weit kommt Gino Miodragovic bei seiner Reise 2016 allerdings nicht – eine Autopanne nach der anderen verwehrte ihm den Weg zum Berg und damit zur Recherche für sein Gericht. «Ja, das waren schon erschwerte Bedingungen», sagt der Wettinger mit serbischen Wurzeln nach dem Finalkochen und schmunzelt – seiner Inspiration und dem Einzug in die Top 10 tat das alles zum Glück keinen Abbruch.
Er suchte trotzdem intensiv nach regionalen Produzenten, Bauern, traditionellen Gerichten – und wusste bald, wie er das Gitzi aus dem Warenkorb in Szene setzen würde: Mit einer Interpretation des alten Urner Gerichts «Chabis und Schaf», auch als «Hafechabis» bekannt. Gino Miodragovic verwendet dafür anstatt Schaf- das Gitzifleisch – vom Nierstück über den Bauch bis zur Leber – und bringt den Kohl in gepickelten, blanchierten und verkohlten Varianten auf den Teller. «Wie ich ein rustikales Gericht wie dieses modern und elegant interpretieren kann und zu ergründen, wo die spannenden Ansätze sind, wo ich in die Tiefe gehen kann, das entspricht mir sehr», sagt der 26-Jährige. Wie sein Beruf ganz allgemein – etwas anderes als Koch werden?
Das sei für ihn gar nie in Frage gekommen. «Höchstens Gärtner, aber zum Schnuppern ging ich trotzdem nur in die Küche. Dieses Adrenalin, die Atmosphäre, die in einer Küche entsteht, wenn das Team im Flow ist … Ich finde, das ist mit nichts anderem zu vergleichen.» Nach zwei Jahren bei Andreas Caminada im Schloss Schauenstein gibt’s jetzt eine gehörige Portion frisches Adrenalin für Gino Miodragovic: Er wechselt als Souschef nach St. Moritz in das zweite Igniv; dem «Fine- Dining-Sharing-Experience»-Restaurant des Bündner Drei-Sterne-Kochs. Die Aussicht wird also auch in den Oberengadiner Bergen weit reichen.
Nachgefragt
- My Song
«Air Valley» James Welsh. - My Idol(s)
Menschen, die ihr Ding durchgezogen haben. - Love
Lange Nächte in Berlin. Pulsierende Musik. Für gutes Essen Geld ausgeben. Mode. Schönes Design. Vitra. Pieter Stockmans. - Hate
Keine Zeit, um Träume zu verwirklichen. Geld ausgeben für minderwertige Produkte. Menschen, die hinterrücks über einen schlecht sprechen. - My Destination
New York und Stockholm. - My Object
Meine Messer. Sie begleiten mich auf meiner Reise.